Mittwoch, 30. Juli 2014

Die andere Seite von Edinburgh

Underground-Tour
...das schwache Licht eines Handydisplays beleuchtet als einzige Lichtquelle den tief unter der Erde liegenden Raum. Die einzigen visuell wahrnehmbaren Punkte für die anwesenden Personen waren blutende Augen in einem leichenblassen Gesicht und die langen, dichten und ungepflegten blonden Haare der einzigen Person im Raum, die sprach. Sie sprach langsam und unaufgeregt, aber angsteinflössend und eindringlich.
Ihre Augen waren weit aufgesperrt, als sie die Geschichte eines kleinen Mädchens erzählte, welches diesen Raum durch einen grausamen Akt der Barbarei nicht überlebte. Noch heute spüren anwesende Personen eine kalte Hand auf ihrer Wange oder erkennen Schatten, die von keiner sichtbaren Person geworfen wurden. Die Augen der Zuhörer weiten sich, das Gesicht der Erzählerin zeigt ein diabolisches Lächeln... das Handydisplay geht aus. Absolute Dunkelheit. Ohrenbetäubende Stille. Die kleine Gruppe von Menschen, die sich im Untergrund von Edinburgh befand, klammerte sich aneinander. Tanja hielt mich fest. Alle wussten, das etwas passieren wird. Etwas erschreckendes. Doch nichts schreckliches geschah. Die Geschichte wurde weitererzählt. Jetzt noch theatralischer, jetzt noch gruseliger... Und auf einmal, nach Geschichten über Tote, Eingeweide, Geister und Flüche, wurde es totenstill in dieser absoluten Dunkelheit. Und plötzlich... PENG.

Mit diesem lauten Knall endete unsere Tour in den Unterstadt von Edinburgh. Eine gut einstündige Tour, welche uns gruselige Mythen und wahre Geschichten über die heute teilweise noch lebendige Geschichte versprach. Im Grossen und Ganzen war die Tour nichts besonderes. Sie führte über Friedhöfe und es wurde auf Gräbern getanzt. Schlussendlich landeten wir in zwei unter der Erde liegenden Räumen. Respektive in der Stadt unter der Stadt. Da Edinburgh, wie wir es heute kennen, auf der Stadt gebaut wurde, die es ursprünglich mal war, gibt es zig solcher unterirdischen Räume, Gänge und ganze Strassen einer vergessenen Metropole. Diese beiden Räume boten eine Menge Nervenkitzel und einige Schockmomente. Doch diese waren leider alles in allem etwas zu knapp bemessen.


Loch Ness und die Highlands
Einen Tag zuvor begaben wir uns auf eine zwölfstündige Highland- Tour mit dem Highlite 'Loch Ness'. Gleich mal vornweg: WIR HABEN ES GESEHEN... also Nessi. Nicht aus dem Wasser steigend und riesengross, zugegeben, aber ansonsten in allen Varianten aus Stoff, Plastik, Lehm, mit Höcker, ohne Höcker, mit Hut und Dudelsack etc. Vermarktung einer Illusion in beeindruckender Art und Weise. Loch (alt-schottisch für 'See') Ness ansonsten war eine grosse Enttäuschung. Es ist nur ein sehr grosser See mit einer durchschnittlichen Kulisse und eben halt diesem Mythos. Die einstündige Bootsfahrt auf diesem bekannten Gewässer und die dafür bezahlten 25 Pfund (ca. 38 CHF) hätten wir uns getrost sparen können.
Ansonsten war der Ausflug, wenn auch aufgrund der Dauer sehr anstrengend, sein Geld absolut wert. Wir konnten sehr viel Interessantes über Schottland erfahren und einen Eindruck über die Highlands sowie über die Lowlands (wozu auch Edinbrugh und Glasgow gehören) gewinnen. Was auch in Erinnerung bleibt, ist die Faulheit der Schotten, wenn es um Namensgebungen von Orten und Gebäuden geht. So bauten sie eine neue Brücke und nannten diese... „New Bridge“... oder sie entdeckten einen See und nannten diesen... „See“ ... also heisst der jetzt „Loch Lochi“ (der See 'See') ... oder sie entdeckten einen neuen Hügel und nannten diesen „New Hill“ ... ein Bein ausgerissen haben sie sich diesbezüglich also nicht ;).



Schottland und die Mode
Ein weiteres mal schockierend, und ich bin froh, dass Tanja diese Auffassung absolut teilt, war die Mode der Schotten. Wobei hier unglaublich viel Verständnis aufgebracht werden muss, wenn man von „Mode“ sprechen will. Tanja und ich waren uns einig, dass wohl ein Grossteil der Schotten einfach keinen Spiegel besitzt; anders können wir uns nicht erklären, wie sich so unglaublich viele Menschen so unglaublich unpassend auf die Strasse trauen. Man könnte diese geschmackliche Verfehlung beinahe als Touristenattraktion bezeichnen, da man aus dem Staunen kaum herauskommt. :) Natürlich ist dies aber ihr gutes Recht und es macht sie auch irgendwie sympathisch. Nicht, dass sie es nötig hätten, denn sie sind sehr zuvorkommend und äusserst nett, die Schotten, aber es lässt sie irgendwie unbeholfen erscheinen.


Das gute Wetter
Jetzt sind wir auf dem Weg in die Schweiz. In ein paar tausend Metern Höhe und wieder mit tollem Blick auf eine breite Wolkendecke. Und umso näher wir der Schweiz kommen, umso mehr und umso dunkler sind die Wolken. Unglaublich aber wahr; wir hatten 2 komplette Sonnentage und Temperaturen von beinahe 30 Grad! Die Schotten selbst waren ganz aus dem Häuschen. Für die Schotten ist das eine absolute Seltenheit. So begaben sich viele mit Bikini und kurzen Hosen (Männer vorwiegend oben ohne) in die Parks um ihre ansonsten so bleichen Körper zu verbrennen. Hersteller von Après-soleil- Cremes werden in den nächsten Tagen in Edinburgh Hochkonjunktur haben. Wir haben es genossen und Edinburgh zeigte sich von seiner besten Seite.


Die Stadt
Edinburgh mit dem Holyrood Hill, dem Castle, der 'Royal-Mile' und allen weiteren Attraktionen präsentierte sich uns, gepaart mit Sonne und einer überschaubaren Anzahl von anderen Touristen und vielen tollen und witzigen Strassenkünstlern von seiner beeindruckend einladenden Seite. Bezüglich Tourismus (immerhin gemeinsam mit Whisky und ÖL die Haupteinnahmequellen des Landes) könnte sich die Schweiz noch einiges Abschauen. So sind viele Tourguides oft nicht einfach nur freundlich, sondern auch Schauspieler und Unterhalter.

Fazit
Edinburgh hat sich in diesen Tagen in ein anderes Licht gerückt. Weg von der Düsternis, hin zu einer offenen, freundlichen und hellen Stadt. Die vielen Mythen und Legenden, die sich um diese Stadt ranken entwickeln für die farblosen und dunklen Gebäude, welche immer noch in gewissen Situationen eindrücklich erdrückend wirken, einen ganz speziellen „Groove“. Wir sind uns beide sicher- das war nicht unser letzter Aufenthalt in dieser tollen Stadt.


Montag, 7. Juli 2014

Auf dem Weg in die Düsternis

Teil 1

Dunkle Häuserwände, enge Gassen... eine düstere Stadt wartet auf uns... Es ist mein zweites und Tanja's erstes Mal in dieser unscheinbaren Stadt im Norden Britanniens.
Edinburgh bietet eine Kulisse, die zu jedem Krimi passen würde. So vielen Ecken dieser Stadt würden Mord und Totschlag gut stehen. So vielen Gassen würden Grausamkeiten zugetraut werden. Natürlich nur in Krimis, mit der passenden musikalischen Untermalung und den richtigen Bildschnitten. Doch die Stadt fügt das restliche dazu bei, dass die Szenerie passt. Es kommt nicht irgendwoher, dass diese Stadt viele Schriftsteller düsterer Kriminalromane zeugte. Der Schreiber von Sherlock Holmes, Sir Arthur Conan Doyle oder der sehr erfolgreiche Schriftsteller Ian Ranking sind nur zwei unter vielen. Die Hauptstadt Schottlands strahlt eine Melancholie aus, die als Inspiration seines Gleichen sucht. Eine Muse, die küssend durch die genannten, hart wirkenden Strassen wandelt und Depressivität in Kreativität verwandelt. Denn dieser Grad zwischen Depressiv und Kreativ ist schmal. Zumindest in Edinburgh. Im Sommer etwas weniger als im Winter. Im Sommer sind die Tage lang, im Winter kurz, düster und kalt... Genau wie die Stadt es auch zu sein scheint. Doch das Licht, die Kraft und die Wärme, welche die Stadt eben doch ausstrahlt, ist anderswo zu finden. In ihrer Kultur, in ihren Menschen, in ihrer Einzigartigkeit, in ihrem Charme. Edinburgh bietet eine Fülle von Dingen, welche ich bisher noch in keiner anderen Stadt fand.

Die Reise verlief bis anhin gut. Basel passierten wir gewollt relativ schnell. Wobei hier anzumerken ist, dass man Federer-Matches mit deutlich mehr Emotionen verfolgt, als wir dies aus Luzern gewohnt sind. So verfolgten wir den Rest des leider verlorenen Spiels in einem Bahnhof-nahen MC Donalds. Der schlechteste MC Donalds der Schweiz, im Übrigen, aber darum geht es ja nicht. Weitaus interessanter ist die Tatsache, dass bei verlorenen Punkten unseres Tennisspielers schon mal Hüte und Jacken durch die Gegend flogen, bei Gewonnenen lautstarke Testosteron-Schreie den Kehlen der anwesenden Männern entwichen.
Während der Fahrt nach Basel sammelte das wundervolle Wetter nochmals die letzten Kräfte und zeigte sich von seiner besten Seite. In Basel angekommen, verlor es allerdings langsam an Ausdauer. Dunkle, Weltuntergangs-Wolken verdrängten Sonne und Wohlgefühl. Kurze Zeit darauf, wir waren zum Glück bereits am Flughafen, öffnete der Himmel seine Schleusen, Blitze begannen zu zucken und Donner grollte. Und bemerkenswerterweise hat dieses Gewitter bis jetzt noch nicht aufgehört... und 'jetzt' ist immerhin schon eine Stunde später und wir warten weiterhin auf das Boarding, welches sich 'dank' des Gewitters verzögert.

Teil 2

Nun haben wir es doch noch geschafft, abzuheben. Respektive das Flugzeug... Mit leichter Verspätung startete unser EasyJet- Flug und wir befinden uns nun über den gewitterbringenden Wolken. Eine Szenerie eröffnet sich uns, welcher man nie überdrüssig wird. Eine weisse Decke aus Watte unter uns, weit in der Ferne kämpfen sich tapfere und rot leuchtenden Sonnenstrahlen des Sonnenuntergangs als letzte Farbtupfer an den Horizont und immer mehr Löcher in der Wolkendecke veranschaulichen die lebendigen Lichtermeere der Städte und Dörfer. Trotzdem bin ich froh, wenn ich diesen engen Sitzreihen der EasyJet Flugzeuge entfliehen kann. Tanja hingegen treibt ihren ersten Aufenthalt in einem Hostel, welchem sie mit Argwohn und Misstrauen, aber auch mit viel Neugier entgegenblickt, zu einer raschen Ankunft in Edinburgh.


Teil 3

Da sind wir also. Zurück im 16. Jahrhundert. Zurück in einer Stadt, die ihr Anblick nie geändert zu haben scheint.
Ihr hättet Tanjas Gesicht sehen sollen, als wir uns gestern die letzten Meter zu Fuss in unser Hostel wagten... Angsterfüllt und beeindruckt, misstrauisch und neugierig... Heute Montag werden wir diese Neugierde stillen :)