Freitag, 11. März 2016

Marokko 1: Marrakesch – eine Stadt stimuliert die Sinne

Das erste Mal Afrika. Das erste Mal ein arabisches Land. Was mich wohl erwarten würde? Ich habe mit vielem gerechnet, aber nicht damit. Marrakesch ist eine total andere Welt, als ich sie bisher kannte. In den nächsten Einträgen versuche ich euch zu beschreiben, wieso.

Kaum haben wir das Hotel verlassen, erwartet uns die erste von vielen Moscheen. Prächtig und in tadellosem Zustand. Durch die Lautsprecher hoch oben auf dem Minarett dröhnen in arabischer Sprache die Ausrufe des Muezzin. Sie klingen irgendwie bedrohlich, beinahe einschüchternd. Da sind mir unsere (mir ungeliebten) Glocken doch lieber. Für alle Moslem wäre dies eine Aufforderung, sich in die Mosche zu begeben und zu beten. Doch die Sogwirkung bleibt aus. Alles geht seinen gewohnten Gang. Bereits unmittelbar nach der Mosche müssen wir uns um eine Bauruine eines in sich zerfallenden Hauses winden, was nicht ganz einfach ist, da aus allen Richtungen immer wieder Roller und Mofas in horrendem Tempo durch die engen, mit Menschen überfüllten Gassen brettern. Diese Gassen sind voll mit kleinen Läden. Ein Jeder scheint hier seine eigene, 6-10 Quadratmeter grosse Lokalität zu besitzen, wobei sich das Angebot bei jedem gefühlten achten Geschäft wiederholt. Kleider, Schmuck, Gewürze, Taschen, Teppiche, Töpfe, Teller… und das ganze wieder von vorne. Eine beinahe erdrückende Menge an verschiedenen Farben und Formen, gepaart mit einem wirren Licht- und Schattenspiel durch die teilweise mit löchrigen Tüchern gedeckten Gassen. Zusätzlich stimulieren die vielen und farbenfroh gekleideten Menschen und etliche Stimmen unsere geschärften Sinne.



Wir werden immer wieder angesprochen. Als Touristen sind wir nicht zu übersehen. Nicht nur aufgrund unserer westlichen Erscheinung. Auch weil es unsere Spiegelreflexkamera und unsere Kleider wohl förmlich in die endlosen Gassen zu schreien scheinen. Meistens verneinen wir höflich ihr Angebot und gehen unseres Weges. Sie fragen dann höchstens noch ein weiteres Mal nach und ergänzen die beiden (und für sie wohl wichtigsten) englischen Wörter, die jeder zu kennen scheint: «good price». Wir versuchen dann höflich zu sein und in 'ihrer' Zweitsprache zu antworten: ‘Merci, mais non.’. Dann lassen sie von uns ab. Sie sind nicht aufdringlich, diese Marokkaner, obwohl man es ihnen nicht verübeln könnte und sie zurzeit definitiv nicht von Touristenströmen (und damit ihren wohl einzigen Kunden) überrannt werden.

Wir sind eher ziellos unterwegs und biegen nach rechts in eine noch engere Gasse ab. Nach nicht einmal zwei Schritten werden wir angesprochen. «It’s closed». Die Strasse? «Yes». Aha. Na ja… das hören wir nicht zum ersten Mal und bisher war uns noch kein Weg verschlossen geblieben. Wir bedanken uns für diesen Rat, setzen unseren Weg in dieses schmale Labyrinth aus Strässchen aber dennoch fort. Er ruft es uns noch zwei Mal nach, wir ignorieren ihn. Vier Mal abbiegen und einige Male zurücklaufen später müssen wir unserem Ratgeber Recht geben… da führt wohl kein Weg hinaus, wir kehren um und verlassen diesen beinahe menschenleeren Bereich wieder. Als er uns kommen sah, lächelte er vielsagend und ergänzte: «why you not listen to me?». Jaja, sorry. Wir lachen ebenfalls und drücken ihm 10 Dirham in die Hände. Für ihn eine Menge Geld, für uns bloss ein Franken. Die Verhältnisse stimmen nicht.


Kaum sind wir wieder zurück in unserer Ursprungsgasse, hören wir wieder «Hallo, Lady», «Monsieur» oder «Good Price». Nicht aufdringlich, aber immer und immer wieder. Nicht sehr laut, aber klar in unsere Richtung. Es sind so viele! Hunderte! ... ich der ganzen Stadt wohl abertausende! Es sind unvorstellbar viele. Zu Beginn hat uns unser  Mitleid noch verführt und wir haben uns teilweise mit, teilweise ohne Absicht immer wieder übers Ohr hauen oder Geld abschwatzen lassen. Doch mit der Zeit war uns klar, dass unser Budget dies nicht lange mitmacht, falls wir nicht etwas kalkulierter vorgehen. Unser Mitleid für diese teilweise sehr armen Menschen ist aber geblieben. Wir versuchen weiterhin zur richtigen Zeit möglichst spendabel zu sein.


Teilweise weht ein anständiger Wind und es ist eher kühl. Sekunden später, windstill, brennt eine erbarmungslose Sonne auf unsere Häupter. Währenddessen winden wir uns wieder durch die Menschenmassen und weichen akrobatisch den waghalsigen Mofa- Fahrern aus… und lassen uns von der Magie der Farben und des Klangs einer beinahe unwirklichen Grossstadt verzaubern.

Ich glaube diese Erlebnisse beschreiben Marrakesch bisher am besten. Morgen eine etwas distanziertere Sicht unserer Erlebnisse.


Auf Bald!

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